DH
David Hellmann
2021/12/30

2021 - Ein komisches Jahr und Conn-Syndrom

Anders kann die Überschrift dieses Jahr einfach nicht heißen. Es war das zweite Jahr im Zeichen von Corona. Aber das war gar nicht mal das komische in diesem Jahr. Vielmehr war es die Auswirkung eines Arztbesuches vom letzten Jahr, der mich weit ins Jahr 2021 begleiten sollte. Da ich 2021 nichts über 2020 geschrieben habe, muss ich wohl ein kleines Stück weiter ausholen…

Irgendwann im Herbst 2020 bin ich zu meinem Hausarzt gegangen für eine Vorsorgeuntersuchung. Mit meinen mittlerweile 37 Jahren, soll man sowas ja hin und wieder mal machen. Das ganze war auch alles OK bis die nette Ärztin meinen Blutdruck gemessen hat. Ihr etwas überraschter Gesichtsausdruck und die mehrfache Absicherung dieser Messung kamen mir dann aber doch etwas komisch vor. Irgendwas von 186/130 stand auf dem kleinen Gerät. Ich bin ja kein Profi aber auch mir war klar, dass dieser Wert eindeutig zu hoch war. Nach dem sich Arzt und Ärztin abgesprochen hatten wurde mir gesagt, dass man mich so nicht gehen lässt. Ich wurde ins Nebenzimmer gebracht und dort wurde mir eine Infusion gegeben. Dann eine Zweite. Doch der Blutdruck wollte nicht wirklich sinken. Das letzte was dann gemacht wurde war so ein rotes Spray unter die Zunge was mich dann mehr oder weniger umgehauen hat. Senkt den Blutdruck dann relativ schnell.

All das war der Anfang von vielen Arztbesuchen um heraus zu finden was denn der Auslöser für den hohen Blutdruck ist. Denn in meinem Alter sollte der dann doch nicht so hoch sein. Und gesund ist das alles natürlich auch nicht. Neben meinen ganzen Arztbesuchen ging es dann auch los mit Blutdruck Medikamenten und wie mein Arzt so nett zu mir sagte: die Dosis eines alten Mannes. Der Hausarzt schickte mich dann zum Internisten wo einige Tests mit dem Herz gemacht wurden die alle positiv verlaufen sind. Dann ging es weiter zu CT, MRT und diversen Bluttests. Ein weiterer Besuch beim Internist war dann so etwas wie der Dosenöffner. Er hatte eine Vermutung und zwar das Conn-Syndrom. Vermutungen sind natürlich nicht viel wert also wurde das ganze durch diverse weitere Untersuchungen weiter Abgesichert. Bis man sich dann mehr oder weniger sicher war, dass es wirklich das Conn-Syndrom ist. Das ganze hat dann grob sechs Monate gedauert. Für mich, der tatsächlich in seinem Leben eher weniger beim Arzt war, war das alles etwas seltsam, langsam, träge und einfach ungewohnt. Persönlich bin ich damit recht locker umgegangen weil es Sachen sind, die ich nicht wirklich beeinflussen konnte. Mir war klar das ich das nicht lösen können werde sondern ich den Ärzten einfach vertrauen schenken musste, dass sie das richtige tun. Im Juli 2021 war es dann soweit. Ein Termin im Krankenhaus, eine Operation stand an. Man sagte mir, dass es ein kleiner Routineeingriff ist. Meine Gedanken waren dann in etwa so: Mittwoch rein. Donnerstag OP. Freitag heim. Na gut, man sagte mir dann recht schnell, dass ich nach der OP noch 4-5 Tage im Krankenhaus bleiben müsse.

Es war mein erster Krankenhausaufenthalt seit keine Ahnung? 20 Jahren? 25 Jahren? Mittwoch war Aufnahme. Dort musste ich natürlich auch wieder ein paar Tests machen. Wurde über Narkose und Operation aufgeklärt und dann hieß es warten. Warten auf Donnertag. Ich alter Glückspilz hab den ersten Slot bekommen. 7 Uhr ging es los. Eine super seltsame Erfahrung da auf dem Bett durchs Krankenhaus in den OP-Wartesaal geschoben zu werden. Dort liegend bekommt man dann noch mit wie der Raum nach und nach voller wurde. Kurz drauf ging es auch schon los. Eine Dame schob mich in den OP Saal. Dort wurde ich dann von meinem Bett auf den OP Tisch gehoben und dann kam auch schon die Dame mit der Narkose zu mir. Ein zwei Sätze zu meinem Tattoo und schwupp, weg war ich. Von der OP selber kann ich jetzt nicht viel berichten, ich war etwas müde. Doch ans aufwachen im Aufwachraum kann ich mich dann schon wieder erinnern. Und zugegeben. Das war alles andere als schön. So halb im Delirium wachte ich dann irgendwann wieder auf. Ich sag einfach mal es war so 10 Uhr. Irgendwann kam dann eine nette Schwester zu mir (Ja, die waren alle sehr nett) und fragte wie es mir geht. Mir ist warm! Man hat ja so nette Thrombosestrümpfe an und meine dicke Bettdecke. Die nette Dame tauschte dann dicke Bettdecke gegen dünnes Bettlagen. Immerhin ein Anfang. Langsam bemerkte ich dann auch, dass da ein Katheter in mir steckte. Nichts was man braucht aber war dann auch schon egal.

Das rumliegen da war super nervig. Es war hell. Es war viel los. Ich wechselte immer zwischen einschlafen und herum schauen und war nach wie vor recht benommen. Irgendwann Mittag sagte man mir, dass soweit alles gut sei und ich zurück auf Station kann. Also ging es wieder hoch auf mein Zimmer und da lag ich dann. An aufstehen war nicht zu denken. Bettruhe bis zum nächsten morgen und da wird dann mal geschaut wie es weiter geht. Mein Vorteil von der OP sehr früh wurde dann irgendwie zum Nachteil, da der Tag noch endlos lang zu sein schien. Meine Kniestrümpfe haben mich fertig gemacht. Ich war super genervt. Ein paar Nachrichten mit Martina geschrieben um ihr dann zu sagen, dass ich keine Lust habe zu schreiben. Sagte ich schon, dass ich super genervt war?! Aber im ernst, das war ein total scheiss Gefühl am Bett gefesselt zu sein. Die Zeit verging nicht. Es war nach wie vor warm. Das war der Tag, wo ich mich während Corona wirklich gefangen gefühlt habe. Hatte aber halt nichts mit Corona zu tun. Ja, der musste sein, sorry.

Der Tag erschien endlos lange und die Freude war groß, als es dann endlich gegen Abend ging. Das beste was ich machen konnte war, dass ich versuche früh einzuschlafen. Alles was den Tag schneller vergehen lässt war eine gute Entscheidung. Am nächsten morgen war der nächste Meilenstein für mich die Visite um zu erfahren wie es mit mir weiter geht. Aber erstmal war Frühstück angesagt. Ich durfte mich nun - nach mehr als 24 Stunden - mal wieder in eine sitzende Position begeben. Auch das war komisch aber es ging und ich konnte mein erstes post OP Essen zu mir nehmen. Dann war wieder liegen angesagt und irgendwann kam dann die Visite. Kleine Diskussionen in der Gruppe und ich hörte den Satz: Katheter kann raus. JACKPOT! Eine Schwester entledigte mich dann also von dem Teil und das war der Weg zurück in die Freiheit.

Der schönste Moment im Krankenhaus war dann aber der, als die Zimmertüre aufging und Martina reinkam. Magic Moments würde ich sagen. Ab dann ging es nur noch darum die nächsten Tage rum zu bringen und jeden Tag nett zu fragen, wann sich mich denn entlassen würden. Zugegeben hatte ich aber schon gut Schmerzen an zwei der vier OP Narben. Jedes drehen im Bett schmerzte trotz Schmerztabletten. Aber ich will nicht jammern. Es hätte schlimmer sein können. Und wer sich jetzt fragt was denn nun überhaupt operiert wurde. Es wurde per laparoskopischem Eingriff ein Teil meiner rechten Nebenniere entfernt. Dieser hat - vereinfacht gesagt - meinen Hormonhaushalt durcheinander gebracht und zu den hohen Blutdruck werten geführt. Vor der OP war noch nicht klar ob die ganze Nebenniere entfernt wird oder nur ein Teil. Es blieb dann bei einem Teil davon. War soweit OK für mich.

Irgendwann durfte ich dann wieder nach zurück in die eigene vier Wände und da kam es dann auch zum wohl lustigsten Moment. Zuhause angekommen setzte ich mich erstmal auf Sofa. Endlich wieder zuhause. Blöd war nur, dass ich durch die schmerzen nicht mehr vom Sofa hochkam. Das Krankenhaus Bett ist so hoch, dass man die Beine hat baumeln lassen können. Das Sofa eher so, dass man die Knie fast schon am Kinn hat. Martina und ich holten dann also eine Matratze aus dem Schlafzimmer und das war dann für die nächsten zwei Wochen mein Reich. Die schmerzen begleiteten mich noch 2-3 Wochen aber wurden in der Zeit immer besser. Mein erster Gedanke, dass ich nach einer Woche wieder normal arbeiten kann, war dann wohl doch etwas zu optimistisch.

Festhalten kann man, dass jetzt mit meinem Blutdruck wieder alles in Ordnung ist und sich das alles so gesehen mehr als gelohnt hat. Dennoch muss man auch sagen, dass so eine Erfahrung einen auch den ein oder anderen Moment - vor allem im Krankenhaus selber - sehr nachdenklich gemacht hat. Nachdenklich, weil irgendwie sich Dinge so schnell ändern. Nachdenklich, weil man viele anderen Menschen gesehen hat denen es wohl deutlich schlechter ging als mir. Nachdenklich, dass man die Zeit die man hat, genießen sollte. Nachdenklich, um zu verstehen wie gut es einem geht. Wie unbeschwert man eigentlich lebt. Nachdenklich, um zu verstehen was es bedeutet, jemanden an seiner Seite zu haben mit dem man all die kostbare Zeit verbringen kann. Ich bin ein positiver Mensch (meistens). Das glas ist immer halb voll. Dinge sind wie sie sind. Dinge kommen wie sie kommen. Das einzigste was ich persönlich in der Hand habe ist das, dass ich einfach das beste aus dem mache was kommt. Und dadurch das man viel Zeit zum nachdenken hat im Krankenhaus, denkt man halt auch viel nach. Und mir ist klar geworden, dass ich keine zwanzig mehr bin. Mir ist klar geworden, dass es halt nur dieses eine Leben gibt. Mir ist klar geworden, dass älter werden auch heißt, dass man ganz andere Probleme zu bewältigen haben wird. Und was dann wirklich wichtig ist nur das: eine schöne Zeit haben. Und eine schöne Zeit heisst für mich nicht, dass ich alles oder so viel wie möglich erleben muss. Es heisst auch nicht das ich die ganze Welt bereisen muss. Es heißt schlicht und einfach: das hier und jetzt genießen. Egal ob es ein langweiliger Tag zuhause auf der Couch ist. Eine 100km Radfahrt irgendwo über Stock und Stein. Eine besondere Reise. Es ist vollkommen egal, denn alles kann eine schöne Erfahrung sein.

Aber nach so viel geschriebenen… Das Jahr hatte auch noch andere Momente. Fotos, Fahrräder. Tastaturen. Kurztrips. Radtouren. Leckeres Essen. Corona. Viel Zeit mit meiner liebsten. Fotos nachts mit Stativ. Noch mehr leckeres Essen. Einen neuen TV. Ein neues Bett. Aber schaut selbst: https://www.instagram.com/davidhellmann/

Guten rutsch!

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